Baltoro Trekk im Karakorum – Pakistan
Als ich vor einigen Jahren bei einem Diavortrag von Erich Bonfert Fotos aus dem Karakorum sah, wünschte ich mir diese Berge mit einigen Augen zu sehen, da diese zum Teil anders aussahen als anderswo auf der Welt. Darüber hinaus kann man vom Concordiaplatz 4600m, ein Ziel dieses Trekks, einige der berühmtesten Berge der Welt sehen, den K2 (8611), den schwersten Achttausender der Welt, den Broad Peak 8047 und viele andere. Des Weiteren war noch ein 6200 hoher Gipfel im Angebot der Ausschreibung dieser Trekkingtour, den wir zu dritt bestiegen haben. Ein weiterer Reiz war die islamische Religion sowie die Menschen aus Pakistan kennenzulernen. Im Nachhinein kann ich berichten, dass wir uns diese Landschaft-Aussichten schwer verdient haben. Der Trekk war lang und eintönig, dazu überschattete der Mord der Taliban an neun Bergsteiger die Reise. Die Frage ob sich die Reise gelohnt hat, kann ich bejahen, aber nicht nur weil wir unsere Trekking- und Bergziele erreicht haben, sondern weil wir mit den Menschen ein freundschaftliche Beziehung aufbauten und die Erkenntnis gewonnen, dass uns trotz unterschiedlicher Religion, Sprache und Herkunft nicht viel von diesen Menschen unterscheidet. Die Teilnehmer waren Dagmar Götz, Judy Corr, Brad Corr aus Kalifornien USA und meine Wenigkeit.
Vorbereitung – Anfahrt – Islamabad – Skardu – Alskole
Bei der Auswahl des Anbieters dieser Trekkingtour entschied für Summit Climb weil ich schon die Expedition Cho Oyu 8200 m mit diesem Anbieter durchführte. Diesmal zahlten wir € 3400 pro Person für die Trekkingtour. Dazu kamen noch ca. € 500. Davon haben wir € 350 Trinkgeld verteilt, da der Service ein Guter war und weil es sehr viele armen Menschen dort gibt. Obwohl ich die Tour auch andern Sektionsmitgliedern schmackhaft machte, belieb jegliche Anmeldung fern. Der Grund sind wahrscheinlich die vielen negative Nachrichten aus Pakistan, die zum Teil mit den Taliban zu tun haben und mit dem Kaschmirkonflikt zwischen Indien und Pakistan. Leider kam in unserer Aufenthaltszeit ein Negativmeldung dazu. Die ersten Nerven kostete uns das Visum. Erst nach sechs Wochen erhielten wir dieses, weil eine Einladung aus Pakistan (das Permit) fehlte. Eine erste große Freude! Der Kontakt zum Konsulat in Frankfurt war äußerst schwer herzustellen. Als Felix Berg, von Summit Climb uns die Flugkarten zukommen ließ, stieg das Reisefieber. 23 kg Gepäck und 7 kg Handgepäck durften wir im Flieger mitnehmen und ebenso viel auf den Trekk. Um die leichteste und beste Ausrüstung zu haben, kauften wir (Dagi und ich) noch mal kräftig ein. Je € 1000 pro Person gingen noch mal über den Ladentisch.
Über Doha flogen wir mit Quatar Airlines nach Islamabad der Hauptstadt von Pakistan. Hier trafen wir unsere Amerikanische Freunde und übernachteten im Halbkeller eines Hotels, das nicht gerade einladend war. Am Tag der Ankunft besichtigten wir als ersten die Faisal Mosche (gebaut 1976-1984). Das Gebäude bietet, zusammen mit seinem Hof, bis zu 74.000 Gläubigen Platz. Eine beeindruckende Konstruktion, mit einer riesengroßen Innenhalle, Mosaikwände und viel Licht. Wir durften sogar rein gehen und dem Vortragen von Koranversen eines 10 jährigen Jungen zuhören. Ich war begeistert, da ich nie vorher in einer Moschee war. In der Stadt hörte man an jedem Ort fünf Mal am Tag Gebete die ein Muezzin vorträgt. Ich ließ mir sagen, dass nicht alle Gläubige fünf Mal am Tag betten, dennoch ist mein Eindruck, dass die Religion hier tief verwurzelt ist und das die Menschen den vielen Verboten, die im Koran festgeschrieben sind, folgen. In der Verfassung Pakistans sind alle Religionen gleich gestellt, doch in der Realität sieht es leider anders aus. Christen und Hindus werden oft gedemütigt. Danach fuhren mit dem Taxi auf die Margalla Berge. Hier gibt es Aussichtspunkte, von wo aus man auf die Stadt herabblicken kann. Islamabad wurde auf dem Reisbrett im Jahr 1960 entworfen. Heute leben 700 000 Menschen in einer relativ sauberen und ruhigen Stadt für Pakistanische Verhältnisse. Ansonsten gibt es keine weiteren Sehenswürdigkeiten die gesehen werden müssten. Wir versuchten zwei Mal das Lok Virsa Museum zu besichtigten, scheiterten aber beide Male wegen Stromausfall, was täglich in Islamabad passiert. Außer 8 schlafenden oder herumhängenden Polizisten vor dem Eingang des Museums konnten wir dort nichts Weiteres sehen. Die Besichtigung des Rawal See, von wo Islamabad sein Wasser bezieht, kann man sich auch sparen. Bei 40 Grad stehender Hitze macht das Herumschlendern auch kein Spaß. Ich habe so ein intensives Hitzegefühl noch nie erlebt, da auch kein Wind wehte.
Aus Islamabad traten wir die Reise zu dem 880 km entfernten Ausgangsort Alskole an. 200 km nördlich von Islamabad in Thakot beginnt der berühmten Karakorum Highway (KKH) Dieser wurde zwischen 1958 und 1978 von Pakistan und China in die Steinhänge der Gebirgstäler gebaut. Nach 270 km und 7 Stunden Fahrt erreichten wir den Ort Chila wo wir übernachten. Der Verkehr ist einer in sich selbst organisierter Chaos, jeder fährt wie ihm der Schnabel oder die Arme gewachsen sind. An sich verengenden Straustellen fährt man möglichst formschlüssig in die nächste Lücke hinein und steht zyklisch auf Hupe, Gaspedal und Bremse. Überholaktionen ergeben komplizierte Slalommuster. Neben dem Fahrverhalten faszinieren uns die ganze Strecke die bunt verzierten Nutzfahrzeuge (LKW, Minivans, Tanklastzüge, Traktoren und Anhänger). Offenbar ist es der Stolz des jeweiligen Besitzers sein Gefährt so farbenfroh wie möglich zu gestalten und mit allerlei bemalten Ketten, bunten Lichtern, Wimpel und Spiegel zu behängen. Die Windschutzscheibe ist manchmal so bemalt und zugehängt, das sich die Frage aufdrängt, wie viel der Fahrer noch von der Straße sieht. Manche haben schwarze Stoffbündel an den Autos hängen. Diese sollten die bösen Geister vertreiben. Neben der Religion lebt der Aberglaube auch hier weiter. Bis zu 6 Monaten dauert das Aufmotzen des fahrbaren Unterteiles. Am nächsten Tag dauerte die Fahr 16 Stunden und das nicht nur wegen des Wegezustandes in der Indusschlucht, sondern wegen einem Verbrechen, das die Bergsteigerwelt erschütterte. Auf dem KKH hielten wir bei einem Schild auf dem „Nanga Parbat 8060 m View Point – Killer Mountains“ steht. Von hier genossen wir den Blick auf den Schicksalsberg der Deutschen, weil in zwei Expeditionen über 18 Bergsteiger gestorben sind und erst bei der Dritten 1953 erreichte der Österreicher Herrlikoffer im Alleingang den Gipfel.
Mord an 9 Bergsteiger
Als wir am 23.07.2013 an diesem Schild standen passierte auf der Marienwiese, ca. 20 Kilometer entfernt von diesem Aussichtspunkt, unweit vom Basislager des Nanga Parbat, der Mord an 9 Bergsteiger, die in einem Gemeinschaftszelt erschossen wurden. Die Taliban bekannten sich zu dem Mord. Sie Begründeten ihr Tun, um Vergeltung für die Dronen- Angriffe der Amerikaner in Pakistan. Ein herber Schlag für den Bergtourismus in Pakistan und den Hinterbliebenen Familien und Freunde der Bergsteiger. Es ist zum ersten Mal das Bergsteiger in diesem Maße in politisch und religiös motivierte Aktionen hereingezogen werden. Die Taliban sind eine extrem religiöse islamische Gruppe, die von der großen Mehrheit der Pakistaner abgelehnt wird. Selbst bin ich entsetzt, über das viele Unheil, das wegen der Interpretation der Religion stattgefunden hat und noch weiterhin stattfindet. Ich beziehe mich nicht nur auf die islamische Religion sondern alle Religionen. Im Ursprung stand die Religion für Nächstenliebe und Gleichberechtigung, Verständnis für die Schwächeren dieser Welt. Aus Machtsucht, Gier, Bereicherung und Täuschung der Massen entsteht leider viel zu viel Ausbeutung, Leiden und Tod. Für die restliche Fahrt bis nach Skardu hatten wir polizeilicher Begleitung. Ein Auto mit bewaffneten Polizisten fuhr vor uns und im Auto selbst fuhr auch ein Polizist mit einer Kalaschnikow mit. Nach dem Nanga Parbat View Point verließen wir der KKH an der Einmündung des Gilgit- Flusses und folgen der engeren Straße die weiter dem Indus nach Skardu führt. Der Indus trennt hier die als Himalaya bezeichneten Gebirgsmassen im Süden vom sogenanntem Karakorum im Norden und dem Hindukusch. Das Warten auf die Polizeipatrouillen kostete Zeit und wir waren froh als wir unser Hotel in Skardu nach 16 Stunden erreichten. Wir riefen nachhause an, um unseren Kindern mitzuteilen, dass es uns gut geht.
Die Stadt Skardu
Am nächsten Tag wurden Tourenvorbereitungen getroffen und danach besichtigten wir das Städtchen Skardu, das schnell wächst, da viele Menschen vom Dorf in die Stadt umsiedeln. Skardu liegt in einer grünen Baum Oase am Rande eines riesigen Talbodens, der aus den Wassermassen der Gletscher und dem mitgespülten Sand besteht. Die Hauptstraße mit seinem Bazar ist das Herz der Stadt. Das Treiben hier löst bei uns Touristen Erstaunen aus. Autos, Mopeds, Schiebewagen, Kühe, Menschen tummeln sich auf der Straße. Die Handwerker wie: Autoreparaturen, Schreiner, Hautgerber, Metallarbeiter verrichten ihre Arbeit auf der Straße und das alles auf dem Boden. Verkäufer mit allen erdenklichen Produkten unter anderem auch Fleischprodukte von Ziegen, Kühen und Hühnerfleisch die im Freien hängen ergänzen das Chaos. Ebenso gibt es gut klimatisierte und ordentliche Geschäfte. Entsprechende Gerüche begleiteten uns auf Schritt und Tritt sowie eine beachtliche Geräuschkulisse von hupenden Autos und Menschen Gerede. Obwohl mir dieses Bild nicht neu ist staune ich immer wieder. Das gleiche Bild der vorhin beschriebenen Straße, habe ich in Nepal, Kambodscha, Thailand, Peru oder Bolivien gesehen. Manchmal möchte ich den Menschen Ratschläge weitergeben, wie man was besser machen könnte. Das würde aber nicht viel bringen. Scheinbar müssen die Menschen die Entwicklungsstufen selbst durchmachen. In Skardu wanderten wir auch zu dem Fort Karpachu (gebaut 8-10 Jahrhundert) das auf einem Hügel steht. Von hier hat man einen wunderbaren Blick auf das ganze Tal und der Stadt. Hier trafen wir ein Fernsehteam aus Islamabad, für die wir vor die Kamera traten um in Deutsch und Englisch über unsere positiven Erfahrungen in Pakistan zu berichteten. Am gleichen Abend durften wir noch mal vor die Kamera für einen lokalen Sender.
Skardu-Alskole – die Höllenfahrt
Am nächsten Tag wurde in Sachen Fahrabenteuer noch eins drauf gesattelt. Auf einen Lastjeep wurde das Expeditionsgepäck geladen, an dem sich etwas 10 Träger festklammerten und in den andern stiegen der Bergführer und wir vier Teilnehmer ein. Nach ca. zwei Stunden Fahrzeit erreiche wir die Braldu Schlucht. Der Forstweg ist einspurig und voller Hindernissen. Auf der einen Seite ist Fels auf der anderen ein steil abfallendes Ufer. Ca. 100m tief tobt und donnert der graubrauntrübe Braldu Fluss, der das Gletscherwasser zu Tale führt. Bei einem eventuellen hineinfallen sind die Überlebenschancen gleich Null. Hier ist ein gehöriges Augenmaß für den Fahrbandrand und ein gutes Gespür, welche Bankette wohl halten werden und welche ehr nicht, vom Fahrer erforderlich. Wenn eine Kurve kommt wird heftig gehupt, damit bei eventuellem Gegenverkehr gebremst werden kann. Wir bremsen und fahren mit, halten uns im Jeep fest, da ein ruhiges Sitzen nicht möglich war. Dann war der Weg blockiert. Der Regen spülte Steine auf die Straßen. Mit Hilfe einiger Wegarbeiter wird ein „Weg“ zusammengeschaufelt oder es werden Steine so gelegt das weiter gefahren werden kann. Wir konnten nur Staunen welche Steilstufen so ein Jeep hinaufkommt. Danach muss der Toyota (4×4) durch einen Bach. Die Räder tauchen tief ein, doch er kommt durch. Nach 6 Stunden und 80 Km ist es vollbracht!! Wir haben gesund und unbeschadet mit Angstperlen auf der Stirn das Dorf Alskole erreicht. Welch eine Freude festen Boden unter den Beinen zu haben! Im Nachhinein erfuhren wir, dass der eine oder andere Jeep schon Mal die Böschung runter gepurzelt ist. Man braucht auch Glück im Leben. Wir sind voller Bewunderung für diese Autos und für die Fahrer und schenken ihnen vor Freude ein gehöriges Trinkgeld. Den Gedanken, dass wir den Weg zurückfahren müssen, verdrängen wir. Auf einer Wiese erwarten uns die aufgestellten Zelte und wir kampieren die erste Nacht. Bei einem Sparziergang durch das Bergdorf Alskole staunte ich wie arm diese Menschen hier sind, trotz der vielen Touristen die seit Jahren durch das Dorf ziehen. Das Geld bleibt wo anders hängen! Ich verteilte Bonbons an die Kinder, und somit war ständig eine Kinderschar um mich herum. Mein Fotoapparat freute sich darüber. Kindergesichter sind immer was besondere. Wir besichtigten ein Museum, das ein Haus von früher zeigt. Dieses hat drei Etagen, die ja nach Jahreszeit bewohnt wurden. Im Winter hauste man gemeinsam mit den Tieren im Keller, um der lang anhaltenden Kälte zu entkommen. Das Dorf ist im Winter auch heute noch geraume Zeit von der Außenwelt abgeschnitten.
Der Baltoro Trekk
Als wir die Beschreibung des Trekks lassen, waren wir recht optimistisch. Beim Wörtchen „schwer“ denkt man an die Kondition und freut sich über diese Herausforderung. Doch die Realität sieht etwas anders aus. Meine Äußerungen sind subjektiv bezüglich dieses Trekks. Zwei wesentliche Faktoren tragen dazu bei. Zum einen konnte der Trekk nicht so durchgeführt werden wie in der Ausschreibung, da das Militär den Gondokhola Pass sperrte und somit mussten wir die gleiche Strecke die wir in 6 Tagen hin gelaufen sind wieder zurückgehen. Zum zweiten hatte unserer Amerikanischen Pärchen (Brad 61, Judy 59) die ganze Strecke schlechte Laune, weil sie sich diesen Trekk wahrscheinlich gänzlich anders vorgestellt haben. Das ist aber kein Grund das Kinn fallen zu lassen. In solchen Situationen sollte man das Beste draus machen, mit Humor und Besonnenheit die Lage meistern. Sie waren auch sehr asozial, unterhielten sich nicht mit der Mannschaft und hatten ständig was zu meckern. Sie hatten ja Geld bezahlt…. Schlimm für die Glückseligkeit auf Erden, wenn man alles durch die Geldbrille sieht!!
Hier in Alskole wurde die Mannschaft endgültig zusammengestellt, ein Bergführer, Sharif (42), ein Koch, Ali (27), 3 Küchenhilfen und 32 Träger für unsere aus 4 Personen bestehende Mannschaft. Wir schlossen sehr schnell Freundschaft miteinander und hatten sehr viel Spaß auf der Tour. Unser Bergführer, die Küche und einige Porter redeten gut Englisch. Einige lernen Englisch in der Schule, allerdings nur in den höheren Klassen oder bei privat bezahlten Schulen andere lernen von den Touristen. Diese menschlichen Beziehungen waren eine wichtige Säule unseres Wohlbefindens auf diesem Treck.
Ein Träger verdient pro Tag $ 10. Da sie in der Sommersaison mehrere Male den Gletscher hoch und runter laufen verdienen sie bis zu $ 1000 wovon viele den Jahreslebensunterhalt für die ganze Familie bestreiten. Sie tragen von 35-45 kg auf einfachen Tragen. Ein hart verdientes Geld, ungerecht, doch das ist unsere Welt. Würde keine Touristen hin fahren, hätten sie auch dieses Geld nicht. Deshalb fällt es mir schwer diesen Bericht gegen diese Tour zu schreiben. Sie haben nur einfache Gummischuhe oder Sandalen an. Wechselkleidung wird keine mitgetragen. Ein Schlafsack ist alles an persönlichem Gepäck. Zu Ihrer Ausstattung gehört noch eine Nylonplane unter der sie schlafen, ein Benzinkocher, Mehl für die Chapatis Reis, Hirse und etwas Gemüse. Sie kommen aus den Dörfern aus diesem Tal. Ich wollte nachempfinden wie es sich anfühlt wenn man 40 kg auf dem Puckel schleppt, schnappte eine Ladung und trug diese auf dem steilsten Stück des Trecks. Nach einer Stunden und 150 Höhenmeter war ich bedient!! Die Dorfbewohner sind arm, weil es wenig bebaubares Land gibt und die Ernte meist nur für die Selbstversorgung reicht. Viele Leben theoretisch mit 1 $ pro Tag. Somit bleibt ihnen die einzige Möglichkeit als Träger zu arbeiten, um an etwas Geld zu kommen.
Es folgten 13 Tage, Übernachtung im Zelt, jeden Tag woanders. Die Trekkingtour verläuft immerhin in Höhen zwischen 3000 und 5000m. Zum Glück steht links und rechts des Weges eine umwerfende Kulisse aus hohen Bergen, und den oberen Baltoro Gletscher zieren mehrere prominente Sieben- und Achttausender. Ohne die Kulisse wäre die Landschaft kaum zu ertragen: Eine triste Mischung aus Sand Geröll, kieseldurchsetzte Sedimentschichten alter Flusstäler, in die sich die heutigen Flüsse tief eingraben, von Felsschutt und Kiesel bedeckte Gletscher ohne Schneeauflage und ohne Farbpallette von ockerfarben bis graubraun. Ab und zu verschönern farbige Steine den Weg. Dazu die glühende Sonne und teils trocken-sandig-staubige Luft. Manchmal kamen noch kleine Mücken dazu die unaufhörlich um den Kopf schwirren und den einen oder anderen Biss setzten.
Die ersten zwei Tage wanderten wir je 8 Stunden bei ca. 25° durch wüstenhafte Täler auf verstaubtem und sandigem Pfad entlang dem rauschenden Gletscherfluss. Beim Ausfluss des Biafo Gletschers blühten Buschrosen mit rosa Blüten. Wir trugen 8-12 kg in unseren Rucksäcken. Die Kondition für die 8 Stunden laufen war da, dafür war die psychische Belastung größer, weil alle Berge riesengroß sind und die Kulisse nur selten wechselt. Diese Tatsache macht den Weg manchmal langweilig. Bei unserer Ankunft in den Lagern Jhola und Paiju stehen die Zelte schon und im Esszelt gibt es Kaffee, Tee und Keks. Wegen der Akklimatisation tranken wir mehr als der Durst verlangte. Manchmal zauberte unser Koch Ali ein spezifisches Pakistanische „Bällchen“ die etwa Nuss groß sind und herrlich schmeckten. Kartoffeln mit Ei die in Öl gebacken sind. Unsere Küchenmannschaft war Klasse. Morgens gab es Cornflakes, Rühr-oder Spiegelei, Marmelade und Honig. Dazu immer Chapatti, aus Mehl und Wasser gebackener Brotfladen. Am Abend gab es immer drei Gänge: eine leckere Suppe, ein Hauptgericht und Nachspeise. Das Hauptgericht basierte meist auf Reis oder Gemüsenudeln, Dal (ein Linsengericht) und solange wir noch lebendige Hühner dabei hatten, gab´s auch Hühnerfleisch. Als Nachtische gab es Wackelpudding und Obstkompott. Die Einheimischen essen mit den Händen. Das Chapatti-Brot wird zu einem Löffel geformt, mit dem man das Essen zum Mund führt. An einem Abend gab ich der Küche Wurst, die ich aus Deutschland mitgebracht hatte, da ich mich nach dieser sehnte. Ich versicherte ihnen, dass diese aus Rindfleische hergestellt wurde, da die Moslems kein Schweinefleische essen. Das verbietet der Koran. Alle waren begeistern von diesem Abendessen ohne Schweinefleisch…und allen ging es blendend am nächsten Tag!! Unser Koch erzählte uns, das er 5 Monate im Jahr in einem Chinesischen Restaurant in Punjab einer Großstadt arbeitet, wo es sehr heiß sei. Er ist lieber hier in den Bergen an der frischen Luft. Seine Frau und Kind leben auf dem Dorf und diese muss er wegen des Geldverdienens ganz oft alleine lassen.
Die dritte Etappe führte uns auf den Baltorogletscher. Mit seinen 63 km ist er der längste Gebirgsgletscher der Welt. Er ist fast ausschließlich mit Steinen und Geröll aller Skalen sowie mit riesigen Felsbrocken bedeckt. Seine Dicke liegt zwischen 80-90 m. Viele zum Teil sehr große Gletscherbäche fließen zwischen den riesigen Gletscherspalten. Auf seiner linken Seite ist er hier eingerammt von den Trango Türmen und dem Liligot Peak zur rechten. Es folgten die Lager Khoborsey und Urdukas. Auch weiterhin ist es kein lieblicher Gletscherweg. Seine Fläche ist uneben und es geht immer rauf und runter. Über Mörenenschut und manchmal Gletschereis geht es weiter. Der Pfad ist mal mit großen oder kleineren Steinen übersäht. Ab und zu müssen wir über Gletscherbäche springen, manchmal schaut das Eis heraus, dann ist Vorsicht geboten Die Lasten werden nicht nur von den Träger getragen sondern auch Mulis und Pferde. Ich bin verblüff auf welchen Pfaden diese Tiere waren transportieren können. Diese Tierkarawanen geben oft sehr schöne Bilder ab. Neben dem Pfad liegen oft Kadaver von Mulis und Pferden, die sich verletzt haben und den Weg nicht mehr fortsetzten können. Wenn diese Kadaver „frisch“ sind stinken sie natürlich fürchterlich. Die Tiere hinterlassen ihre Spuren auf dem Weg. Somit sind die staubigen Pfade auch mit Dung angereichert. Kommt so eine Karawane an, macht man den Weg frei. Man sollte sich immer auf die Bergseite zurückziehen, damit man nicht in die Tiefe geschuppst wird. Auf dem Weg sieht man auch Kühe oder Ziegen heraufgehen, deren Ende die Basislager sind. Diese werden bei gegebener Zeit geschlachtet.
Leider sind einige Lager sehr verdreckt trotz der Infrastruktur die hier geschaffen wurde. Schmutz liegt herum und wenn man von der Mühlhalde nicht weit genug entfernt ist stinkt es fürchterlich. Das drückte etwas auf das Stimmungsbild. Die Lager verfügen über ein Open-Air-Waschbecken und über Klohäuschen. Einige kann man nutzen andere sind leider voll, da sie nicht gelehrt werden. Leider, leider…Deshalb musste man manchmal „das Weite“ suchen um sein Geschäft zu verrichten. Für die Minimalhygiene wird warmes Wasser für uns bereitgestellt. Ein Ganzkörperwäsche ist nur im Bach möglich. Wir verwendeten oft auch Feuchttücher. In Urdugans hinter dem Camp blühen Gebirgsblumen auf einer Wiese, die Gleichen wie in unseren Bergen. Zu unserer Freude entdeckten wir sogar Edelweiß. Wir machten einen Spaziergang, genossen die Landschaft und die Ruhe.
Es folgte das Lager Gore II wo die Zelte zum ersten Mal direkt auf dem Eis aufgestellt werden. Es wird deutlich Kälter, aber es bleibt im Zelt knapp über 0° noch verblüffend warm auf 4300m. Das Gore Lager liegt genau zwischen dem Skil Brun und Masherbrunn und Tal einwärts sieht man schon die „Riesen“. Auf dem Weg zum Gore, im Lager selbst und auf dem Weiterweg zum Concordiaplatz säumen viele, teils hausgroße Büßereis Türme den Weg. Diese riesigen Zackenfirnstruckturen erinnern in ihre Form an aufgeblasene Segel oder hohe Zipfelmützen. Verblüffend ist auch die mineralogische Vielfalt im gesamten Gebiet. Auf dem Gletscher gibt es wild durcheinander grünliche, rote, schwarze, blaue, sowie bunt geschichtete Felsbrocken und Kiesel sowie Glimmerschiefer, die willkommene Bergtupfer in der grauen Landschaft sind. Nach 6 Tagen erreichen wir endlich der Concordiaplatz, 4600 m, ein riesiges Gletscherareal. Als wir das Concordialager am späten Nachmittag erreichten, war es bewölkt, es schneite leicht, somit war von den stolzen Bergen nicht viel zu sehen. Doch am nächsten Morgen war die ganze Landschaft weiß gepudert vom frischem Schnee und blauer Himmel bildete den Hintergrund für eines der schönsten Bergpanoramen der Welt. Links kommt erstmal die majestätische Pyramide des 8611m hohen K2 zum Vorschein, rechts sehen wir die Siebentausendergruppe der Chogolisa und des Baltoro Kangri. Direkt vor uns erhebt sich die Pyramide des G4. Der Concordiaplatz ist nach dem gleichnamigen Gletscherzusammenfluss im Berner Oberland benannt. Hier treffen sich der Baltoro- und der Godwin-Austen-Gletscher, die nahebei von unzähligen weiteren gespeist werden (Savoi- Khalkhal, Broad Peak-Gletscher). Zufriedenheit stellte sich nach all der Schinderei ein. Ich konnte kaum aufhören zu fotografieren. Dagi meinte, das die Achttausender nicht höher als die Berge in den Alpen aussehen. Da hat sie Recht, weil von hier bis nach ganz oben nur noch Dreitausend Meter sind. An diesem Tag ging es weitere fünf Stunden bis ins Basislager des Pastore Peaks (5000m) auf den Khalkhal Gletscher, gegenüber dem Broad Peak Basislager. Gelegentlich mussten wir die Träger auf steilen Eisflanken sichern, damit sie nicht in die rasenden Gletscherbäche rein fallen.
Besteigung Pastore Peak
Noch am gleichen Nachmittag stiegen wir mit unserem Bergführer auf einer Moräne auf 5300 Hm, um den Weg zu erkunden, da der Bergführer namens Sharif noch nie auf diesem Gipfel war, und weil wir am nächsten Tag in der Nacht den Aufstieg geplant haben. Ein etwas mulmiges Gefühl hatten schon aus diesem Grund, doch bis zu diesem Zeitpunkt machte der Bergführer einen guten Eindruck. Wir schliffen in unserem Basislager auf ca. 5000. Am nächsten Tag, Nachmittags stiegen wir zum Lager 1 5200 m auf und stellten dort ein Zelt auf. Es war 19 Uhr als wir unsere Rucksäcke vorbereiteten, da stellte Sharif fest dass er keine Klettergurt und Karabiner hatte. Er vermutete das bei dem packen seine Ausrüstung aus Versehen in eine unser Taschen gelangt ist, die natürlich im Basislager lagen. Ich bot mich an herunterzugehen und die Ausrüstung zu bringen, da wir ja um 24 Uhr starten wollten. Mir war bewusst das diese Abenddämmerwanderung sehr viel Kraft kosten wird die mir am nächsten Tag fehlen würde, doch blieb mir keine andere Wahl. Ich lief wo es nur ging die Moräne runter. Mir war klar, dass es kurz nach 8 Uhr dunkel wird und ich musste auch über den Gletscher laufen. In einer viertel Stunde war ich im BL und durchstöberten die Taschen. Die Ausrüstung war in seiner Tasche!! Ich überquerte den Gletscher noch bei Tageslicht und ging so schnell ich konnte die Moräne hoch. Oben im Lagere 1 blinkte eine Taschenlampe zu einer besseren Orientierung. Von 21-24 Uhr ruhten wir in unserem Zelt. Um 1 Uhr starteten wir mit den Stirnlampen auf den Helmen bei sterneklarem Himmel in Richtung Gipfel. Zuerst querten wir eine Mulde, danach ging es mäßig bergauf. Nach ca. 2 Stunden vor einem riesigen Gletscherbruch, trafen wir die Entscheidung rechts zu gehen, da die Flanke etwas übersichtiger war. Es folgen 60°-70° steil Flanken. Laut einer Ausschreibung hieß es der Berg sei ein Trekkingberg. Die Route die wir hoch gingen war ein höchst anspruchsvoller Anstieg. Ob es eine weitere Route die nach Links abging gibt, und wie die ist, kann ich leider nicht berichten. Ich habe von diesem Gipfel keine einzige Beschreibung im Intranet gefunden, deshalb berichte ich etwas detaillierter von diesem Berg. Der Schnee war gefroren, die Steigeisen griffen gut, dennoch war der Weg mühsam, wegen der „dünnen Luft“. Hier war volle Konzentration von Nöten, den einen Fehltritt konnte man sich dort nicht leisten. Wir gingen am Seil, aber bei einem hinfallen, ist es in so steilen Flanken immer fraglich ob man einen Sturz halten kann. Es wurde hell, die Bergspitzen wurden von der Sonne beleuchtet, doch so richtig konnte man diese Bilder nicht genießen. Viel zu groß, waren die Anspannung und die Angst. Im oberen Bereich gab es eine große Gletscherspalte die ihr riesiges Maul bedrohend öffnete. Anschließend eine riesen Wechte. Gegen 8 Uhr schien die Sonne kräftig ein. Wir waren ca. 100-150 Höhenmeter vor dem Gipfel und beschlossen nicht mehr weiter zu gehen. Die Angst dass der Schnee viel zu stark aufweicht steckte noch in uns. Vor zwei Jahren sind wir nur ganz knapp einer Lawine entkommen. Auch damals standen wir auf 6000 m. Das Dagi dennoch die Stärke hatten erneut einen 6000- der zu Versuchen rechne ich ihr hoch an. Mit der Pakistanischen und unserer Vereinsfahne der Alpingruppe Adonis der Sektion Karpaten machten wir Fotos und freuten uns über das Erreichte. Die Sonne beleuchtete nach und nach die umliegenden Berge mit denen wir nun auf Augenhöhe waren. Wie so oft bin ich fasziniert von der Schönheit der Berglinien. Mit einem Blick konnten wir nun den ganzen Concordiaplatz erfassen. Dann folgte der Abstieg, der in diesem sehr steilen Gelände (bis 50°) große Vorsicht erforderte. Pickel rein, dann Steigeisen, Steigeisen! Bei einem Fehler wär´s das gewesen. Die Ruhe bewahren, sich Zeit lassen, konzentriert sein sind die Garanten dafür dass nichts passiert. Unsere Träger empfingen uns schon am Fuße unseres Berges, um uns schon dort zu gratulieren. Ich brach vor Emotionen in Tränen aus, da wir gesund wieder unten angekommen sind. Dabei dachte ich überwiegend an Dagi und Sharif, der noch jung ist und vier Kinder zu ernähren hat.
Im Lager sangen die Träger immer wieder Mal. An diesem Tag gab es auch ein Tänzchen, das sehr einfach ist. Da ich schon Mal am Anfang der Tour in einem Trägerring von ca. 100 Träger tanzte, wurde ich erneut aufgefordert mitzumachen. Von einem Bein auf das andere hüpfend, tanzte ich mich in die Herzen der Träger. Wir hatten im Laufe der Tage eine sehr freundschaftliche Beziehung mit unserer Mannschaft aufgebaut und die Erkenntnis gewonnen, dass uns trotz unterschiedlicher Religion, Sprache und Herkunft nicht viel von diesen Menschen unterscheidet.
Der Abstieg
Normalerweise kann man durch die Überquerung des Gondokhola Pass 5800m, die Trekkingtour in weiteren zwei Tagen beenden. Doch dieser war vom Militär gesperrt. Somit mussten wir die 100 km auf dem gleichen Weg zurück, den wir in 4 Tagen schafften. Am ersten Tag waren es sogar 10 Stunden Gehzeit. In dieser Form ist dieser Treck niemanden zu empfehlen. Am 09.07.2013 erreichten wir Alskole und an diesem Tag hatte Dagi Geburtstag. Ich sprach heimlich mit unserer Mannschaft die mittlerweile auf 26 Personen „geschrumpft“ war, und bat diese um ein Ständchen für Dagi. Alle Träger sangen ein „Happy Birthday“, das bei Dagi natürlich Freude auslöste. Wir überreichten ihnen das Trinkgeld und verabschiedeten uns. In einer Rede bedankte ich mich für ihre hervorragenden Dienste.
Die Rückfahrt
Uns stand noch die Fahrt durch die Braldu Schlucht bevor. Und diese sollte nicht ohne Überraschung ablaufen. Nach kurzer Fahrzeit gab es einen Platten. Auch das Reserverad hatte keine Luft und eine Pumpe war auch nicht vorhanden. Letztendlich half uns der nächste Toyota Fahrer aus der Patsche. Auf der Heimfahrt waren wir bei Trägerchef in einem Bergdorf auf eine „Teeparty“ eingeladen. Es gab Tee und Essen (Gerillte Hähnchen). Der Besucherraum war ein leeres Zimmer mit einigen Verzierungen auf der Wand. Rings um an den Wänden lagen Polster auf die wir uns saßen. Das Essen wurde auf dem Boden serviert. Es gibt also keine Möbel. Sie haben höchstens eine Truhe im Haus stehen, wo einige Sachen aufbewahrt werden. Da die Pakistanis alles auf dem Boden machen, haben sie verschiedene Sitztechniken entwickelt unter anderem der bekannte Schneidersitz. Einheimische Frauen nehmen an Begegnungen wo Fremde anwesend sind nicht teil, da ihnen die Religion dieses verbietet. Wenn nur die Verwandtschaft im Haus ist, sind die Frauen am Fest/Geschehen dabei. Da die Männer oft unter sich sind und somit weniger die Gelegenheiten haben Zärtlichkeit auszutauschen, decken sie dieses Bedürfnis unter sich, indem sie Hand in Hand eine Strecke ihres Weges laufen. Von Skardu ging´s mit dem Flugzeug zurück nach Islamabad. Nach drei Tagen bei 40°C in Islamabad flogen wir zurück in die Heimat. Wir freuten uns über richtiges Brot und Semmeln zum Frühstück, ein Bett ohne Klimaanlage, dem Bad in der Badewanne und besondere auf ein kühles Bier, da es in Pakistan kein alkoholisches Getränk gab von dieser Reise. Insbesondere werden uns die armen aber freundlichen Menschen in Erinnerung bleiben, aus einem verschrienen Land, das noch einen sehr weiten Weg vor sich hat, wenn wir unsere Maßstäbe ansetzten. Wie so oft werden die schönen Momente und die neu gewonnen Erkenntnisse in unserem Bewusstsein bleiben und die vielen schweren und nicht so aufregenden Momente vergessen sein. „Man kann nicht nur die Rosinen aus dem Kuchen picken.“ Die Filme und Bilder werden uns dabei helfen und auch anderen Mitmenschen Freude bereiten.